Der Ursprung in der Antike
Im Mittelpunkt all unserer Geschichten über die grüne Fee steht das Kräutlein Wermut. Wermut, bitteres Kraut – der Ursprung der Absinthe – wurde schon in der Antike für medizinische Zwecke verwendet. Hippokrates empfahl so einen Absinth z. B. gegen Rheuma und Magenbeschwerden. Doch unterschied sich der damalige Absinth vom heutigen. Es handelte sich zumeist um in Wein oder Spirituosen eingelegte Wermutblätter. Der Begriff „Absinth“ könnte vom griechischen Wort „apsinthion“ stammen, und das bedeutet „ungenießbar“, ganz sicher wegen des bitteren Geschmacks.
Entstehung des Absinths
Sprechen wir vom Absinth der Neuzeit, machen wir als erstes einen Ausflug in die Schweiz. Dort wurde Absinth im Neuenburgischen Val-de-Travers zum Ende des 18. Jahrhundert industriell hergestellt. Zunächst von den Schwestern Henriod 1769 als belebendes Allheilmittel erfunden, erwarb Major Henrie Dubied das Rezept kurz vor der Jahrhundertwende. Er errichtete mit seinem Schwiegersohn Henrie-Louis Pernod die erste Absinth-Destillerie. Pernod begann 1805 seine eigene Produktion im französischen Pontarlier. Der Krieg, den Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts in Algerien führte, verhalf dem Absinth zum großen Durchbruch. Pernod steigerte seine Produktion von 400 Liter pro Tag auf 20.000 Liter täglich. 1912 wurden allein in Frankreich, wo „la Fee verte“ oder auf Deutsch „Die grüne Fee“ – wie Absinth mittlerweile genannt wurde – über 220 Millionen Liter konsumiert. Das einst Wermutbittere avancierte zum Kultgetränk und die damit verbundenen Zeremonien des Absinthtrinkens wurde zum wichtigen Bestandteil der damaligen Genusskultur.
Das Absinth-Verbot
Schlechte Weinernten und damit schwindende Umsatzzahlen sorgten dafür, dass die Weinindustrie den Absinth als Konkurrenz betrachtete. Und die musste beseitigt werden. So stellte man Absinth-Trinker als Angehörige der unteren Schichten dar und begründete deren sozialen Abstieg ausschließlich mit dem Trinken von Absinth. An diesen Vorwürfen gab es natürlich auch wahre Anteile. Denn zur Herstellung von Absinth wurden häufig minderwertige Alkohole verwendet. Und so war die sogenannte Absinth-Blindheit bisweilen eine Tatsache. Die soziale Ächtung der Absinth-Trinker aus dieser Zeit ist bis heute im Sprachgebrauch anzutreffen. Noch heute gibt es die abfällige Bezeichnung des Trinkers als »Wermutbruder«.
Der Auslöser für das Absinth-Verbot (1910 Schweiz, 1914 Frankreich, 1923 Österreich und Deutschland, 1930 Tschechien) war ein Mordfall, den ein Alkoholsüchtiger begangen hatte. So geschah es, dass Absinth durch das Verbot fast den Rauschdrogen gleichgestellt wurde, wobei das dem im Wermut enthaltene Neurotoxin Thujon natürlich auch Drogencharakter hat, wie übrigens fast alle Arzneipflanzen.
Pernod sah sich gezwungen, seine Rezeptur zu verändern. Das Getränk wurde weiter als Anisgetränk (allerdings ohne Wermut bzw. ohne Thujon-Gehalt) verkauft. Sehr viele dieser Nachfolgeprodukte sind immer noch im Umlauf: Pastis, Anisette, Herbe de Sante, Sambuca (der übrigens auch entzündet wird, wie der Absinth). Dennoch: Trotz des Verbotes hat die heimliche Produktion der „Grünen Fee“ nie ganz aufgehört.
Wiederkehr der Grünen Fee
In einigen Ländern aber, wie z. B. in Spanien, überlebte der Absinth. Grund dafür ist die größere Toleranz der Menschen auf der Iberischen Halbinsel. Der spanische Absinth konnte deshalb in kleinen Destillerien weiterhin erzeugt werden und hat bis heute nichts von seinem großartigen Geschmack eingebüßt. Jahrzehnte nach dem Verbot wurde der Absinth in der EU – reglementiert – wieder zugelassen. Seit dem gewinnt Absinth zunehmend an Popularität. Gerade die Film- und Kulturbranche hält am Mythos „Grüne Fee“ nach wie vor fest.